Eine neue Bildungspolitik ist dringend notwendig, so lautet das Fazit einer Podiumsdiskussion zu Perspektiven der Bildungspolitik in Niedersachen, zu der die SPD-Ortsvereine Kleefeld-Heideviertel, Kirchrode-Bemerode-Wülferode und Döhren-Wülfel am 27. September in die Fakultät V der Fachhochschule Hannover, die ehemalige Evangelische Fachhochschule, eingeladen hatten. Im Mittelpunkt der intensiven Diskussion standen die bildungspolitischen Aussagen im Landtagswahlprogramm der niedersächsischen SPD.

In deren Zentrum stünde, so Walter Meinhold, Sprecher der schulpolitischen Kommission des SPD-Bezirkes Hannover, die Chancengleichheit. Bildungspolitik beginne bei den Eltern. Deshalb wolle die SPD mit der Einrichtung von Familienzentren einen wichtigen Beitrag zur Verknüpfung von Familie und Schule bzw. vorschulischen Einrichtungen leisten. Meinhold erklärte, dass das dreigliedrige Schulsystem überholt sei, zumal Hauptschüler derzeit keine Aussicht auf einen Ausbildungsplatz hätten.

Auch die Landtagsabgeordnete und -kandidatin für den Wahlkreis 24 (Hannover-Döhren), Sigrid Leuschner, meinte, dass das gegliederte Schulsystem in keiner Weise durchlässig sei und verändert werden müsse. Dieser Strukturwandel könne jedoch nicht von oben verordnet, sondern müsse in einem Prozess zusammen mit Eltern und Schülern gestaltet werden.

Hintergrund der Ausführungen Leuschners und Meinholds ist das Konzept der Gemeinsamen Schule, einer neu gestalteten Gesamtschulform, die die Niedersachsen-SPD in ihrem Wahlprogramm als zentrales Element des Schulsystems fordert. Dieses Vorhaben begrüßte der Psychologe Professor Gregor Terbuyken von der Fachhochschule Hannover grundsätzlich. Er beklagte, dass Deutschland am Lernen in homogenen Schülergruppen festhalte, während im übrigen Europa längst die Erkenntnis umgesetzt werde, dass lernschwache Kinder am besten von leistungsfähigeren Schülern lernten. Zugleich mahnte Terbuyken an, die Schulstrukturreform umgehend umzusetzen und die Lehrer- und Erzieherausbildung grundlegend zu reformieren, denn: Die Durchsetzung der Kinderrechte auf Bildung gelingt in Deutschland nicht, und das sei ein bildungspolitischer Skandal.

Allerdings gibt es eine Schulstrukturreform - das machten Schulleiter in der Diskussion deutlich - nicht zum Nulltarif. Ganzheitlichkeit und Gemeinschaftlichkeit der Bildung erforderten Geld, und das sei nicht allein durch Umschichtungen innerhalb des Bildungsetats zu haben. Schließlich benötigten die Schulen eine deutlich verbesserte Ausstattung an Personal- und Sachmitteln, um strukturelle Voraussetzungen im Schulsystem zu ändern.

Vor solchen Änderungen schreckt vor allem die CDU zurück, wie die jüngste Diskussion um den Ausbau von Gesamtschulen in der niedersächsischen CDU zeige, so Sigrid Leuschner und Walter Meinhold. In der Stadt Hannover, erklärte der schulpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion Michael Klie, versuche die Kommunalpolitik die Mängel der Bildungspolitik des Landes beispielsweise durch die Vernetzung der Schulen in den Stadtteilen und die Stärkung der Gesamtschulen auszugleichen. Bildungspolitische Defizite können aber nicht allein durch die Kommunen oder gar durch die Schulen ausgeglichen werden, so die einmütige Meinung im Publikum und auf dem Podium.

Bildungspolitik ist eine wichtige Zukunftsinvestition, und das muss in der Gesellschaft auch verankert werden, forderte die Leiterin der IGS Kronsberg, Anneli Keßler. Deutschland hat hier mit Bildungsausgaben von lediglich vier Prozent des Brutto-Inlandsprodukts und einem 21. Platz unter den OECD-Staaten erheblichen Nachholbedarf. Hierzu sind die Lösungsangebote der Bildungspartei SPD (Meinhold) einer Diskussion allemal wert - so die Teilnehmer der Veranstaltung einhellig.

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Walter Meinhold (MdL), Michael Klie (schulpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion), Sigrid Leuschner (MdL), Prof. Gregor Terbuyken (FH Hannover)