Oberbürgermeister Stephan Weil sowie Kultur- und Schuldezernentin Marlis Drevermann ziehen aus der Elternbefragung zu Gesamtschulen den Schluss, dass in der Landeshauptstadt Hannover die Einrichtung von drei neuen Integrierten Gesamtschulen begründet ist. Bereits heute sind in Hannover sechs Integrierte Gesamtschulen mit derzeit mehr als 6.956 SchülerInnen eingerichtet.

Oberbürgermeister Weil zur aktuellen Befragung: "Ich habe mich über die hohe Beteiligung ebenso gefreut wie über das eindeutige Ergebnis. Wir sehen uns in unserem Kurs zur Einrichtung weiterer Gesamtschulen bestätigt. Vor allem aber ist das Ergebnis ein starkes landespolitisches Signal: Die Eltern wollen Gesamtschulen. Die Landesregierung muss aufhören mit ihrer Diskriminierungspolitik."

Stadträtin Drevermann: "Die hannoverschen IGSen leisten hervorragende Arbeit und haben dadurch wesentlich zu diesem Überzeugungserfolg beigetragen. Eltern wollen für Ihre Kinder immer mehr ganztägige und durchgängige Bildungsangebote an einer Schule. Dadurch wird bei individueller Förderung für jedes Kind der bestmögliche Abschluss ohne Umwege erreicht. Ich danke allen, die die Elternbefragung unterstützend begleitet haben."

Mit den Änderungen des Niedersächsischen Schulgesetzes und der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung zum 2. Juli 2008 sind die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen worden, weitere Integrierte Gesamtschulen zu errichten: dass * der Besuch des dreigliedrigen Schulsystems unter zumutbaren Bedingungen weiterhin gewährleistet bleibt; * die IGS mindestens fünfzügig wird; * und die Entwicklung der Schülerzahlen sowie das Interesse der Erziehungsberechtigten im Rahmen einer Elternbefragung berücksichtigt werden. Um festzustellen, ob und in welchem Umfang Eltern von GrundschülerInnen ihre Kinder nach der Grundschulzeit an einer Integrierten Gesamtschule (IGS) anmelden würden, wurde in der ersten Septemberwoche 2008 eine Befragung an allen Grundschulen in der Stadt Hannover durchgeführt.

Dazu wurden die Eltern von 15.858 Kindern des ersten bis vierten Grundschuljahrganges befragt. Der mit der Landesschulbehörde und dem städtischen Datenschutzbeauftragten abgestimmte mehrsprachige Fragebogen (Anlage 1) wurde über die Grundschulen ausgegeben und wieder eingesammelt. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig und die Anonymität der befragten Eltern wurde gewahrt.

Fast 75 Prozent der Eltern beteiligten sich

Von den Schulen wurden 11.878 Fragebögen zurückgegeben. Bezogen auf die Schülerzahlen liegt die Beteiligung bei knapp 75 Prozent.

Von den 11.878 Fragebögen waren 102 Bögen nicht oder unvollständig ausgefüllt. Nur die Fragebögen, auf denen die Frage nach der gewünschten Schulform von den Eltern beantwortet wurde, konnten ausgewertet werden. Fragebögen, auf denen gar keine Frage oder nur die Frage nach der besuchten Klassenstufe beantwortet war, wurden von der weiteren Auswertung ausgeschlossen (Anzahl: 97).

Insgesamt haben sich 11.732 Eltern eindeutig für eine der beiden Beschulungsformen entschieden:

6.536 Eltern beabsichtigen ihre Kinder auf eine Schule des dreigliedrigen Schulsystems zu schicken. Das entspricht einem Anteil von rund 56 Prozent.

5.196 Prozent oder 44 Prozent der Eltern dagegen erwägen, ihre Kinder an einer IGS anzumelden

2008-10-02-igs-torte-299

Die Ergebnisse der Befragung nach Klassenstufen zeigt eine steigende Bereitschaft, sich an der Befragung zu beteiligen, je eher der Schulwechsel bevorsteht. Während sich die Eltern der Erst- und Zweitklässler zu rund 70 Prozent an der Befragung beteiligten, stieg dieser Wert in der dritten Klasse auf rund 77 Prozent und in der vierten auf 81 Prozent.

Von den 5.196 Schülern, deren Eltern sich für eine Anmeldung an einer IGS ausgesprochen haben, gaben 5.153 an, welche Klassenstufe ihr Kind besucht. 1.414 Kinder gehen bereits in die vierte Klasse.

45 Prozent der Viertklässler an IGS

Das bedeutet, dass nach dem nächsten Schuljahreswechsel 45 Prozent der Viertklässler eine IGS besuchen würden. Aber auch in den Klassenstufen 1 bis 3 weicht der Anteil derjenigen, die die IGS bevorzugen, kaum von dem Durchschnittswert über alle Klassenstufen ab.

2008-10-02-igs-balken-500
Abb. 2: Anteil der Eltern, die ihre Kinder an ein dreigliedriges Schulsystem bzw. an einer IGS anmelden möchten, nach Klassenstufen

Eine kleinräumige Auswertung der Befragungsergebnisse ist durch eine Zuordnung des Schulstandortes zu einem Stadtbezirk möglich. Dadurch werden die Antworten dem Stadtbezirk zugeordnet, in dem die Grundschule liegt (Anlage 2).

Der Anteil der Eltern, die eine Anmeldung an einer IGS bevorzugen, weicht in einigen Stadtbezirken stark vom Durchschnittswert ab (vgl. Karte 1 und Übersicht 1).

Während sich stadtweit 44 Prozent der Eltern für die IGS aussprechen, sind es in den Stadtbezirken Bothfeld-Vahrenheide (Stadtbezirk 3), Misburg-Anderten (5), Döhren-Wülfel (8) und Nord (13) weniger als 40 Prozent.

In den Stadtbezirken Ricklingen (09), Linden-Limmer (10) und Ahlem-Badenstedt-Davenstedt (11) ist der Anteil der Eltern, die die IGS bevorzugen überdurchschnittlich. Hier liegen die Werte zwischen 47 und 50 Prozent. In den Stadtbezirken Mitte (01) und Vahrenwald-List (02) ziehen sogar über 50 Prozent der Eltern diese Schulform dem dreigliedrigen System vor.

2008-10-02-igs-karte-500
Ergebnis der Elternbefragung nach Stadtbezirken
2008-10-02-igs-stadtbezirke-500
Ergebnis der Elternbefragung nach Stadtbezirken

Konsequenzen der Befragungsergebnisse

Mit der Entscheidung zur Schulstrukturreform Phase II läuft der Schulbetrieb ab dem Schuljahr 2008/09 in den bestehenden Integrierten Gesamtschulen in der Stadt Hannover 35-zügig. Bei 26 SchülerInnen pro Klasse stehen somit insgesamt 910 IGS-Plätze in sechs Schulen (Anlage 3) für den fünften Jahrgang zur Verfügung.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Befragung erfolgt die Berechnung der zurzeit in Hannover nicht zu deckende Nachfrage nach IGS-Plätzen folgendermaßen:

Von der Anzahl der Kinder, die an einer IGS pro Jahrgang angemeldet werden sollen, werden die zurzeit zur Verfügung stehenden IGS-Plätze abgezogen. Bei der Berechnung des Bedarfs wird nur der Rücklauf aus der Elternbefragung von zirka 75 Prozent berücksichtigt. Es wird keine Hochrechnung auf die Gesamtzahl der GrundschülerInnen bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt. Hinzugerechnet wird die Zahl der SchülerInnen aus dem Umland, die in Hannover IGS-Plätze in Anspruch nehmen. Die Nachfrage aus den Umlandgemeinden ist seit dem Schuljahr 2004/05 bis zum aktuellen Schuljahr um 59 Prozent (51 Plätze in 2004/05 auf 81 in 2008/09) angestiegen. Für das laufende Schuljahr sind deutlich mehr Absagen erfolgt als in den Jahren zuvor. Insofern könnte hier eine höhere Nachfrage aus dem Umland in die Berechnung einbezogen werden. Hier wird aber nur mit dem einfachen Mittelwert (70 Plätze) gerechnet.

Demnach stellt sich der Fehlbedarf bei IGS-Plätzen in den derzeitigen Grundschuljahrgängen in Hannover wie folgt dar: 1. Klasse: 1.206 (IGS Wunsch)- 910 Plätze = 296 + 70 (Auswärtige) = 366 fehlende Plätze

2. Klasse: 1.224 - 910 = 314 + 70 = 384 fehlende Plätze

3. Klasse: 1.309 - 910 = 399 + 70 = 469 fehlende Plätze

4. Klasse: 1.414 - 910 = 504 + 70 = 574 fehlende Plätze

Diese Nachfrage der dritten und vierten Klassen kann als relativ sicher angesehen werden, da sich die Kinder in der vierten Klasse kurz vor dem Schulwechsel befinden und die Meinungsbildung in den Familien bereits weit vorangeschritten ist. Ein Zeichen für eine relativ gefestigte Position diesbezüglich könnte auch die Höhe der Teilnahmebereitschaft an der Befragung sein, die mit zunehmender Jahrgangsstufe deutlich anwächst.

Die Bereitschaft zur Teilnahme an der Befragung und damit zur Anmeldung des Bedarfs – dies zeigt sich bei der Befragung - steigt mit zunehmender Jahrgangsstufe. Hier ließe sich eine in den nächsten Jahren - gegenüber der jetzigen Ergebnisse der ersten und zweiten Jahrgangsstufe - noch steigende Nachfrage argumentieren. Dies wird hier nicht berücksichtigt.

Die städtische Prognose der Kinderzahlen der Sechs- bis Neunjährigen in den Jahren 2008 bis 2020 (Anlage 4) weist nur einen leichten Rückgang von 3,7 Prozent aus. Für die weiteren Planungsschritte hat diese Entwicklung keine Relevanz, da die Kinderzahlen ab 2015 wieder kontinuierlich steigen. Der Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie geht in seiner Prognose bei dieser Altersklasse sogar nur von einem Rückgang von 1,4 Prozent aus.

Ausgehend von den gesetzlich vorgeschriebenen fünf Zügen bei der Errichtung einer neuen IGS und der durchschnittlichen Anzahl von 26 SchülerInnen pro Klasse (130 Plätze pro IGS) lassen sich aus der Nachfrage der dritten und vierten Klassen somit mindestens drei zusätzliche IGS in Hannover begründen.

Die Antworten der ersten und zweiten Jahrgänge hingegen werden im Vergleich zu den beiden höheren Jahrgängen als noch nicht so gefestigt gewertet. Hier ergibt sich rein rechnerisch der Bedarf für knapp drei zusätzliche IGS.