Als Politiker des Rates der LHH müssen wir das Für und Wider von neuen Vorhaben sorgsam abwägen, ohne das gesamtstädtische Interesse aus den Augen zu verlieren. Unverzichtbar für uns ist es, die Betroffenen zu hören und ihre Last so gering wie möglich zu halten. Wird diese Last zu schwer, muss man auch mal ein Stopp setzten und nach Auswegen suchen. Alles muss sich aber im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen, denn auch Investoren und Grundstückeigentümer haben geschützte Rechte. Nach diesen Leitsätzen kommt der Beobachter ins Grübeln, wenn er sich einige politische Themen in unserem Stadtbezirk Döhren-Wülfel anschaut. Soll Stillstand jetzt das Motto der Stadtentwicklung sein?

Schauen wir uns einige Themen genauer an: Verkehrsberuhigung Wiehbergstraße, Seniorenwohnungen Landwehrstraße, Bürogebäude-Neubau Güntherstraße

Verkehrsberuhigung in der Wiehbergstraße

Seit vielen Jahren ist die Verkehrsbelastung ein ungelöstes Problem. Von den Fahrzeugen, die durch die Wiehbergstraße fahren sind nur 40 % Anlieger. Der überwiegende Teil des Verkehrs (60 %) wird von Fahrern verursacht, die diese Strecke als Umgehung der ampelreichen Hildesheimer Straße nutzen. Nun ist nach intensiver Bürgerbeteiligung eine Lösung erarbeitet worden. Diese soll für ein halbes Jahr befristet versuchsweise ausprobiert werden. Mit den sich daraus ergebenden Erfahrungen können endgültige Lösungen umgesetzt werden. Die CDU zeterte sofort dagegen, sowohl in der Sache wie auch gegen die beteiligten Bürger. Sie lässt den Fall sogar von der Kommunalaufsicht prüfen. Diese oberste Aufsichtsbehörde bescheinigt der Verwaltung und dem Rat, dass alles Rechtens war.

Seniorenwohnprojekt in der Landwehrstraße

Es ist für uns alle erfreulich, dass unsere durchschnittliche Lebenserwartung steigt. Doch mit zunehmendem Alter müssen wir mit Einschränkungen leben und benötigen Hilfsmittel wie z.B. Rollstühle oder Rollatoren. Die Wohnungen in unserem Stadtgebiet sind in einer Zeit gebaut worden, in der an solche Hilfsmittel noch nicht zu denken war. Deshalb können viele Menschen nicht so lange in der gewohnten Umgebung bleiben, wie sie das eigentlich gerne tun würden. Um hier Abhilfe zu schaffen hat die Franz-Kühnemann-Stiftung einen seniorengerechten Neubau geplant. Eine Fläche von etwa 12 % des stiftungseigenen Gartens und von nur 4 % der gesamten Fläche zwischen den Häusern sollen bebaut werden, damit bezahlbare behindertengerechte Wohnungen in einem Niedrigenergiehaus entstehen können. Auch dieses Projekt findet nicht die Zustimmung der lokalen CDU-Politiker.

Ersatz-Neubau Bürogebäude Güntherstraße / Hildesheimer Str

Der Arbeitgeberverband Chemie Nord hat seinen Hauptsitz hier in Hannover geplant, deshalb wird dringend mehr Raum für weitere Arbeitsplätze benötigt. Die beste Lösung ist in diesem Fall ein Neubau und auch hier waren alle frühzeitig in die Überlegungen und Planungen des Chemieverbandes Nord eingebunden. Solange keine öffentlichen Gegenpositionen geäußert wurden, unterstützten alle das aus Sicht der Wirtschaftsförderung wichtige Projekt. Nach den ersten, nicht überraschenden, kritischen Äußerungen aus der Nachbarschaft springt die CDU-Fraktion wieder ab und nimmt eine kritische Distanz zu diesem Projekt, übrigens des einzigen in Hannover ansässigen bundesweit agierenden Arbeitgeberverbandes ein.

Wir suchen nach einem fairen Kompromiss zwischen unterschiedlichen Interessen

Es gibt in der Bundesrepublik einen politischen Konsens, dass die Städte sich im inneren verdichten sollen, um den ungehinderten Flächenverbrauch Einhalt zu gebieten. Das bedeutet aber auch, dass es Veränderungen in der direkten Nachbarschaft geben kann, die nicht immer begrüßt werden und dennoch im fairen Umgang miteinander gelöst werden müssen. Als Kommunalpolitiker sollten wir bemüht sein mit ernsthaften Willen, einen fairen Kompromiss zwischen den unterschiedlichsten Interessen zu finden und umzusetzen, ansonsten gäbe es keine Weiterentwicklung mehr. Deshalb mein Fazit: Stillstand ist nicht akzeptabel, wir brauchen eine verträgliche Weiterentwicklung, damit unser schöner Stadtbezirk morgen noch genauso liebens- und lebenswert ist wie heute.

Manfred Müller, Ratsherr der SPD in der Landeshauptstadt Hannover