"Wir brauchen neue Energiequellen" und "Energie muss bezahlbar bleiben" - das Thema "Energie" mit allen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten stand im Zentrum der Mitgliederversammlung am 28.04.2008. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung hatte erfolgreich dazu geführt, dass auch Genossen und Genossinnen gekommen waren, die in den letzten Jahren eher zurückhaltend gewesen waren. Und es waren auch interessierte Neue dabei, die sich munter in der Diskussion beteiligten. Zunächst nur ein paar optische Eindrücke - am Text für die inhaltliche Diskussion wird noch gearbeitet.

Energie unter dem Aspekt der Umwelt und Wirtschaft

Was können wir in Hannover tun? Was können wir politisch fordern ? Was können wir selber in unserem Alltag tun ?

Der Slogan: Global denken, lokal handeln dürfte ein guter Leitfaden sein.

Wir sind aufgrund des hohen Verbrauchs an Energie abhängig von Importen. Eigene Kohleförderung, Gasgewinnung aus der Nordsee, Solar- und Windenergie decken bei weitem nicht den Bedarf.

Zunächst muss aussenpolitisch eine Stabilität hergestellt und bewahrt werden, die eine verlässliche Energielieferung sicherstellt, sei aus aus den GUS Staaten, aus Nordafrika oder der EU. Dieses ist Aufgabe der Bundesregierung.

Die Abhängigkeit von Importen lässt sich senken, wenn aus eigener Kraft genug Energie erzeugt wird. Dazu gehören die Verbrennung fossiler Rohstoffe aus heimischem Bergbau (Ruhrkohle, Braunkohle) sowie die Nutzung der Windkraft, Solarenergie und auch Atomenergie. Diese Energiequellen sind aber nicht zu hundert Prozent ausreichend für unsere Bedürfnisse und bergen verschiedene Risiken, insbesondere die Atomenergie. Letztere birgt immer noch das Risiko, dass es zu einem Supergau kommen könnte mit furchtbaren Folgen für grosse Landstriche oder auch weltweit. Ursachen könnten technisches Versagen, Erdbeben oder andere Naturkatastrophen sein, aber auch gezielte Sabotage und terroristische Angriffe. Weiterhin ist die Endlagerung des radioaktiven Mülls ungeklärt und unsicher. Tschernobyl ist gerade 22 Jahre her (April 1986)..

Politisches Ziel muss es sein, den Anteil an ökologisch verträglicher Energie zu erhöhen, nämlich Solarenergie, Windenergie und erneuerbare Energien (Holz, Methangas usw.). Der Anteil fossiler Brennstoffe muss gesenkt werden, um die Klimaerwärmung zu stoppen.

Derzeitig ist eine Änderung des Erneuerbare- Energien- Wärme-Gesetz im Beratungsverfahren des Bundestages. Es soll z.B. Pflicht werden, in Neubauten erneuerbare Energien zu nutzen. Leider will die Bundesregierung die Einspeisevergütung für Solarenergie ab 2009 um 9 Prozent kürzen, was sicher nicht zielführend ist.

Politisches Ziel muss es weiterhin sein, den Energieverbrauch zu senken. Welche Massnahmen können ergriffen werden? Im industriellen Bereich müssen neue Technologien entwickelt werden und zur Anwendung kommen, die in der Produktion die Energiekosten senken. Politisch können Wissenschaft und Forschung im internationalen Wettbewerb gestärkt werden durch Bundes- und Landesmittel für die Hochschulen und Studenten (Bafög) sowie Förderung der Kooperation zwischen Forschung und Industrie. Deutschland ist führend in der Innovation und Entwicklung sowie Export der Technologien zur Erzeugung von Solarenergie. Hannover profitiert auch davon, da ein Grosshändler für Solarstrom, die Firma Alpha Solar ihren Sitz hier hat. Die Hannover Messe und auch die CEBIT machten deutlich, dass sich international auf diesem Sektor ein rasant entwickelnder Bedarf und Markt entwickelt. Optimistisch stimmt, dass es bahnbrechende Erfindungen gibt, die auch ohne grossen Aufwand zu einer erheblichen Effizienzsteigerung führen können.

Auch im IT Bereich müssen energiesparende Lösungen fortentwickelt werden. Heute werden fünf Prozent des weltweiten Energieverbrauchs durch das Internet verursacht!

Auch in den privaten Haushalten wird zuviel Energie verbraucht, z.T. durch unnütze Geräte, aber auch Stand- by Modus, falschen Gebrauch, Verschwendung, Geräte mit hohem Energieverbrauch z.B. Wäschetrockner etc. Ein politische Instrument ist z.B. eine Förderung des Verbraucherschutzes und der Verbraucherberatung neben Standards, die EU weit festgelegt werden.

Wir verbrauchen im Haushalt etwa 70 Prozent der Energie zum Heizen. Durch Wärmedämmung und Wärmerückgewinnung (Passivhausstandard) kann sehr viel Energie gespart werden. Politisch zu beeinflussen ist dieses z.B. durch Auflagen in Neubaugebieten (Passivhausstandard Pflicht z.B. In der Rehre), Investitionsförderung durch Kredite und Zuschüsse sowie Steuererleicherungen. In Hannover vergibt der Fonds Pro Klima 500T€ jährlich an Zuschüssen zur energetischen Sanierung, beteiligt sind Stadt Hannover und die Stadtwerke. Es gibt auch Programme der EU, des Bundes und des Landes zur Altbausanierung.

Durch die Privatisierung der Stromkonzerne ist der Einfluss der Politik auf Preisgestaltung und Investitionen gering: Instrumente sind Regulierungsbehörde, Kartellrecht und Ordnungpolitik. Einige Kommunen, wie Hannover, haben noch eigene Stadtwerke, die in beschränktem Rahmen ein Gegengewicht zur Grossmacht der Konzerne darstellen. Ebenso könnte ein Ausbau von dezentraler Energieversorgung z.B. durch Blockheizkraftwerke den Markt beeinflussen.

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Dr. Gudrun Koch sorgte mit ihren inhaltlichen Thesen für eine muntere Diskussion.
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Energie unter dem Aspekt der Sozialpolitik

Steigende Energiekosten belasten alle Privathaushalte, insbesondere Haushalte mit geringem Budget. Wie kann die Politik da helfen? Für AL II Empfänger zahlt der örtliche Sozialhilfeträger Miete und Heizkosten ( §22 Abs.1 Satz 1), letztere regional unterschiedlich. In Hannover erstattet die Region 1,15 € pro qm Wohnfläche an Heizkosten unabhängig von der Energieart. Für die Beheizung mit Kohle und Öl oder separaten Wiohnungszentralheizungen werden regelmässig „Brennstoffbeihilfen“ für die Heizperiode in nach Haushaltsgrssen gestaffelten Beträgen geleistet.

Es gibt Regelungen für Härtefälle, d.h. Haushalte mit einem erhöhten Bedarf, das wird im Einzelfall geprüft, es gibt aber auch Obergrenzen der Angemessenheit. Die Kosten für Warmwasser zum Duschen, Energie zum Kochen sind im Regelsatz des Lebensunterhalts enthalten, dieser Regelsatz wird vom Bund alle fünf Jahre festgelegt und ist bundesweit einheitlich. Im nächsten Jahr steht eine Anpassung der Regelsätze an. Für Sozialhilfeempfänger gelten entsprechend Regelungen.

Der Bundestag hat gerade eine Anhebung des Wohngelds beschlossen für Haushalte mit geringem Einkommen. Davon profitieren auch Rentner und Beschäftigte mit einem so niedrigen Einkommen, dass es für die Miete nicht reicht. Viele Menschen müssen derzeitig ALG II beantragen, nur, um die Miete zahlen zu können. Das Wohngeld wird hälftig von Bund und Land finanziert. Der Bundesrat hat allerdings noch nicht zugestimmt. In der Wohngeldnovelle werden erstmalig auch die Heizkosten berücksichtig, was ein dringend notwendiger Schritt ist. Den Bund würde das neue Gesetz 15 Mio € jährlich kosten. Das Wohngeld würde im Durchschnitt von 90 auf 142 € monatlich erhöht werden.

In Hannover wollen wir die Beratung von Haushalten fördern, die Probleme mit den Energiekosten haben mit dem Ziel, ihnen Hinweise zu geben, wie sie durch Verhaltensänderungen oder kleine Investitionen ihren Energieverbrauch senken können. Ähnliche Modelle gab es schon in Hannover auf dem Kronsberg aber auch in anderen Städten wie Wolfsburg. Dort wurden Arbeitslose zum Berater qualifiziert, um aufsuchend in de Wohnungen tätig zu sein anhand von Praxisbeispielen. Ein ähnliches Projekt wird in den nächsten Wochen in Hannover starten, Träger sind die ARGE und der KDA (kirchlicher Dienst der Arbeitswelt).

Wir wollen ebenso Aufklärung darüber erhalten, wie die Stadtwerke Hannover mit Zahlungssäumigen umgehen, insbesondere auch zu der Frage, wann tatsächlich der Strom abgestellt wird und Menschen in eine Notlage geraten. Aufgrund des Datenschutzes erfährt die Stadt z.B. bei AL II Empfängern ncihts von derartigen Problemen, diese Probleme kärt ggf. der zuständige Sachbearbeiter mit dem Betroffenen und dem Energieversorger. Lediglich im Fall von Grundsicherung und Bezug von Sozialhilfe hat die Stadt einen direkten Einfluss.

Sozialpolitik heisst auch, dafür zu sorgen, dass die Menschen soviel verdienen, dass sie selbst für ihren Unterhalt sorgen können. Deshalb ist die Festlegung von Mindestlöhnen unverzichtbar!

Text: Dr. Gudrun Koch Bilder und Text der Einleitung: Hans-Dieter Keil-Süllow

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