Das Bundesumweltministerium (BMU) unter der Leitung der damaligen Ministerin Angela Merkel (1994-1998) ist vom damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) mehrfach vergeblich aufgefordert worden, die Verantwortung für das sogenannte Forschungsendlager Asse II zu übernehmen. Im BfS bestanden schwerwiegende Bedenken bezüglich der Standsicherheit und einer drohenden Umweltgefährdung durch das atomare Inventar der Asse.

Diese Schlüsse ziehen die SPD-Mitglieder des Asse-Untersuchungsausschusses des Niedersächsischen Landtages aus der Befragung des ehemaligen BfS-Präsidenten Prof. Dr. Alexander Kaul am Donnerstag in Hannover.

„Herr Professor Kaul hat eindringlich geschildert, warum die Asse als Atommüllendlager aus Sicht des BfS von Anfang an ungeeignet gewesen ist“, sagte SPD-Ausschussobmann Detlef Tanke nach der Befragung Kauls. „Seit 1906 waren Laugenzuflüsse in dem Salzbergwerk bekannt, das Bergwerk sei löchrig gewesen wie ein Schweizer Käse. Zudem bestehe die Gefahr, dass radioaktiv kontaminierte Laugen wie aus einem Schwamm herausgepresst werden könnten“, berichtete Tanke.

Besonders interessant sei die Geschichte rund um ein Schreiben Kauls an das Bundesumweltministerium vom Februar 1996. „Darin werden die Risiken der Kontamination der Umwelt sehr plastisch geschildert. Von einer bis zu 50-fachen Überschreitung der Grenzwerte ist darin die Rede. Auf den Brief hat Kaul nach eigenen Angaben jedoch nie eine Antwort erhalten“, so Tanke. Dieses passe in das Bild, wonach das BfS mehrmals dem BMU vorgeschlagen habe, die Sache Asse an sich zu ziehen. Tanke: „Kaul berichtete von dem immer wieder vorgebrachten Appell des BfS ,Nehmt uns in Anspruch‚. Das wurde ignoriert.“ Erst zwölf Jahre später sei dieser notwendige Schritt umgesetzt worden. Das Ignorieren der Warnungen des BfS durch den damaligen Leiter der Abteilung für Atomaufsicht im BMU, Gerald Hennenhöfer, sei auch für die heutige Situation bedeutsam. „Der 1998 in den einstweiligen Ruhestand versetzte Hennenhöfer wurde vom neuen Bundesumweltminister Norbert Röttgen Ende 2009 reaktiviert und wieder auf seinen alten Posten gesetzt. Sollte er immer noch sein ignorantes Verhalten pflegen, muss man sich ernsthafte Sorgen machen“, sagte Tanke.

Auf Nachfrage der SPD-Umweltexpertin Petra Emmerich-Kopatsch wurde zudem bekannt, dass der ehemalige Asse-Betreiber GSF offenbar bewusst zu niedrige Radioaktivitätswerte an die Genehmigungsbehörde gemeldet hat. „Eine telefonische Abfrage des BfS bei der GSF aus dem Jahr 1996 erbrachte deutlich höhere Werte als diejenigen, die die GSF zuvor und danach den niedersächsischen Aufsichtsbehörden gemeldet hat“, berichtete die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. „Das muss als weiterer Beleg dafür angesehen werden, dass die GSF als Asse-Betreiber überfordert und ungeeignet war und dass in der Asse weitaus höhere Aktivitäten lagern, als offiziell zugegeben.“