Bei der Bildung wird gespart. Es gibt seit Ende des ersten Weltkrieges kein Jahr, in dem ausreichend Lehrkräfte und anderes Personal in den Schulen, ausreichend Betreuungsplätze und qualifiziertes Personal in Krippen und Kindergärten zur Verfügung standen. Trotzdem wird vom Streichen von Lehrerstellen gesprochen. In Sachen Bildung ist Deutschland ein Entwicklungsland und kommt an internationalem Standard nicht heran. In so einer Situation werden 45 Mio für einen Landtagsneubau bereitgestellt.

Wer soll Verständnis für diese Entscheidung des Landtages haben?

Im Landtag stand am 16.03.2010 der Antrag "Neukonzeption des Plenarbereichs des Niedersächsischen Landtages", unterstützt von Abgeordneten der CDU, der SPD, der FDP und Bündnis 90 / Die Grünen, zur Diskussion.

In Reden zum Antrag meldeten sich Wolfgang Jüttner, Dieter Möhrmann und Dr. Silke Lesemann wurden die verschiedenen Aspekte und Begründungen deutlich.

In seiner Rede ging Wolfgang Jüttner auf die Notwendigkeit von baulichen Maßnahmen ein: "Die bauliche Hülle ist mittlerweile verschlissen. Der Bau ist in die Jahre gekommen, seine Funktionalität kaum noch gewährleistet. Unser Antrag listet in Punkt 1 die Mängel auf. Ein Nichtstun ist aus Sicht der SPD nicht länger verantwortbar. Wir stünden heute – ergänze ich – besser da, wäre der Landtag der 15. Wahlperiode der Ausschreibung aus 2002 gefolgt und hätte das Konzept des damaligen Preisträgers umgesetzt. 2002 wurde mit einer Bausumme von ungefähr 20 Millionen Euro kalkuliert. Fünf Jahre später bezifferte das Staatliche Baumanagement den Sanierungsbedarf bereits auf 35 Millionen Euro."

Frau Dr. Silke Lesemann begründete eine Sanierung im bestehenden Gebäude: "Als ein herausragendes Symbol für den spezifisch niedersächsischen Weg der jungen Demokratie ist dieses Gebäude mit gutem Grund ein Baudenkmal. Er ist ein Meilenstein demokratischer Architektur und ein fundamentaler Beitrag zur Architekturgeschichte der Bundesrepublik. Mit einer Abrissentscheidung verlöre Niedersachsen selbst ein unverzichtbares Zeugnis seiner parlamentarischen Geschichte. Und das, meine Damen und Herren, sollten wir nicht zulassen!"

Dieter Möhrmann plädiert für Abriss und Neubau: "Wir sollten uns für den 1. Preisträger des Wettbewerbs aussprechen – Niedersachsen bekäme auch im Vergleich zu den anderen Bundesländern und für die Hauptstadt Hannover ein repräsentatives Haus der Demokratie, das sich sehen lassen kann.

Wir bauen für eine Zukunft der nächsten Jahrzehnte. Lassen Sie uns mutig sein!"

Auch Dieter Möhrmann betont: "Wir sind schon seit Jahren in der Pflicht, zu handeln. Der vorhandene Bau ist marode. 35,4 Millionen Euro Sanierungskosten hat das Finanzministerium schon 2007 geschätzt. Jedes Zuwarten erhöht noch die entstehenden Kosten. Flickschusterei hat uns schon viel Geld gekostet, und das ginge so weiter."

Antrag und Reden der SPD-Abgeordneten

Antrag "Neukonzeption des Plenarbereichs des Niedersächsischen Landtages"

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

1. Der Landtag stellt fest:

Der Plenarsaaltrakt des Niedersächsischen Landtags leidet seit vielen Jahren an schwerwie-genden baulichen Mängeln und Schwächen. Diese können aus Gründen der Sicherheit, der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und der Energieeffizienz nicht mehr toleriert wer-den. Es handelt sich vor allem aber auch um bauliche Defizite, die die Arbeits- und Aufent-haltsbedingungen für die Abgeordneten sowie für Besucher, Presse und Mitarbeiter in einer Weise erschweren, die nach heutigen Maßstäben - auch im Vergleich zum Standard der Parlamentsbauten anderer Bundesländer - nicht hinzunehmen ist.


Der Landtag ist sich - unabhängig von den politischen Meinungsverschiedenheiten über die Frage des Neu- oder Umbaus - über den unabweisbaren Handlungsbedarf einig. Er ist der festen Überzeugung, dass es die politische, wirtschaftliche und ökologische Vernunft gebieten, die genannten Mängel und Schwächen auf Dauer wirksam zu beheben und zu einem Plenarsaaltrakt zu gelangen, der den funktionalen Anforderungen des modernen Parlamentsbetriebes gerecht wird und dabei auch dem heutigen Parlamentsverständnis entspricht.

Dabei geht es insbesondere um die folgenden Mängel und Schwächen, die im Wesentlichen bereits der - mit großer Mehrheit von der Baukommission des Landtages gebilligten - Auslobung des Realisierungswettbewerbs zur Neukonzeption des Plenarbereichs zu Grunde gelegen haben:

  • teilweise fehlender oder unzureichender vorbeugender Brandschutz in den Bereichen des Plenarsaals und des Sockelgeschosses einschließlich der Gaststätte
  • mangelhafte Energieeffizienz insbesondere im Bereich des ungedämmten Daches ober-halb des Plenarsaales,
  • unzumutbare Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen für Menschen mit Behinderungen,
  • unzureichende Transparenz der parlamentarischen Arbeit durch die Abschottung des Ple-narsaals nach außen,
  • nicht ausreichende Zahl an Besucherplätzen, schwer zu erreichende und beengte Sitzge-legenheiten für Besucher und Presse,
  • unzureichende und anfällige Belüftung des Plenarsaals,
  • grundlegend sanierungsbedürftige Abwasseranlage,
  • arbeitsschutzrechtliche Defizite der Arbeitsräume für die Medienvertreter und im Gaststättenbereich.

Der Landtag ist sich - unabhängig von den politischen Meinungsverschiedenheiten über die Frage des Neu- oder Umbaus - über den unabweisbaren Handlungsbedarf einig. Er ist der festen Überzeugung, dass es die politische, wirtschaftliche und ökologische Vernunft gebieten, die genannten Mängel und Schwächen auf Dauer wirksam zu beheben und zu einem Plenarsaaltrakt zu gelangen, der den funktionalen Anforderungen des modernen Parlaments-betriebes gerecht wird und dabei auch dem heutigen Parlamentsverständnis entspricht.

2. Der Landtag begrüßt die Fortsetzung des Realisierungswettbewerbs zur Neukonzeption des Plenarbereichs des Niedersächsischen Landtages nach Maßgabe einer der unter 3. aufge-führten Alternativen.

3. Der Landtag spricht sich für eine Neukonzeption des Plenarbereichs in der Erwartung aus, dass der Kostenrahmen von 45 Mio. Euro deutlich unterschritten wird. Für die Neukonzeption favorisiert der Landtag:

A: Entwurf des ersten Preisträgers des Wettbewerbs, Professor Eun Young Yi,
B: Entwurf des zweiten Preisträgers des Wettbewerbs, Walter Gebhardt, womit die Erwartung verbunden ist, dass in partnerschaftlicher Kooperation mit den ersten Preisträgern des Wettbewerbs aus dem Jahre 2002, den Architekten Kai Koch und Anne Panse, eine Über-arbeitung der Entwurfsidee mit dem Ziel der Entwicklung eines gemeinsamen Konzeptes erreicht wird, bei dem die Gesichtspunkte des Denkmal- und Urheberrechtsschutzes im verstärkten Maße berücksichtigt werden.