SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil hat am Donnerstag die Grundzüge seiner Integrationspolitik nach dem Regierungswechsel am 20. Januar 2013 vorgestellt - und gleichzeitig die Landtagskandidatin Doris Schröder-Köpf als künftige Integrationsbeauftragte des Landes Niedersachsen präsentiert.

„Die Gestaltung des demografischen Wandels wird nur mit einer erfolgreichen Integrationspolitik gelingen. Integrationspolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die ich in der Staatskanzlei etablieren werde“, erklärte Weil. In Großstädten stammten inzwischen 40 Prozent aller Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, aber auch in vielen ländlichen Räumen seien es schon um die 30 Prozent. 60 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund seien unter sechs Jahre alt.

„Allein diese wenigen Zahlen spiegeln die Bedeutung der Integrationspolitik wieder.“ Diese zentrale Bedeutung werde von der Regierung McAllister nicht erkannt. Niedersachsen liege im Bundesvergleich bei der Integrationspolitik weit zurück, erläuterte Weil weiter. Das zeige sich etwa an der Schulabbrecherquote. 20 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund verließen die Schule ohne Abschluss, das liege deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Bundesweit machten 10,7 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund das Abitur, Niedersachsen liege mit 6,9 Prozent bundesweit auf dem zweitletzten Platz. Deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liege das Land auch bei der frühkindlichen Betreuung der Migrantenkinder. „All das kann und darf nicht so bleiben“, betonte der SPD-Landeschef.

Der Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten im Jahr 2010 habe für die Integrationspolitik in Niedersachsen negative Folgen gehabt. So sei im Jahr 2011 die Position der Integrationsbeauftragten abgeschafft worden, es seien Grundlinien verändert worden. Der Ministerpräsident lasse dem Innenminister zu sehr freie Hand, die Sozialministerin spiele bei der Integrationspolitik nur eine Nebenrolle. Debatten um Extremismus-Checklisten oder „verdachtsunabhängige Kontrollen“ von Moscheebesuchern – das sind für Stephan Weil „ganz falsche Signale“. Im Land wie im Bund sei Schwarz-Gelb nicht bereit, aus alten Fehlern zu lernen. Weil weiter: „Die Entscheidung für das Betreuungsgeld zum Beispiel ist Gift für die Integration. Es wird dafür sorgen, dass gerade Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern, auch aus Migrantenfamilien, nicht in die Krippen geschickt werden. Dabei ist frühkindliche Bildung ein Schlüssel zur Integration.“

Weil weiter: „Ich messe der Integrationspolitik einen ganz anderen Stellenwert bei. Deshalb brauchen wir eine institutionelle Reform. Dazu gehört die Anbindung an die Staatskanzlei. Ich will aber auch die Härtefallkommission stärken. Deshalb soll der Vorsitz der Kommission von der neuen Integrationsbeauftragten übernommen werden. Für dieses Amt werde ich aus der Mitte des neuen Parlaments eine starke und unabhängige Persönlichkeit berufen. Ich kann mir dafür niemand besseren vorstellen als Doris Schröder-Köpf. Ihre Worte finden im politischen Raum und in der Gesellschaft schon jetzt Gehör. Sie kann Menschen zusammenführen“, erklärte Weil. „Integration ist ein zentrales Anliegen der Landespolitik, sie muss aber auch in der Praxis umgesetzt und gelebt werden. Ich bin ganz sicher, dass Doris Schröder-Köpf der Integrationspolitik in unserem Lande ein Gesicht und eine starke Stimme geben wird.“

Schröder-Köpf kündigte an, in ihrer künftigen Arbeit einen deutlichen Schwerpunkt bei Kindern und Jugendlichen zu setzen. „Hier können wir sehr viel besser machen und dann auch sehr viel erreichen“, betonte die gelernte Journalistin. Als Beispiel nannte sie das Engagement der SPD für mehr Krippenplätze, aber auch für mehr Gesamtschulen und Ganztagsschulen. „Gerade Ganztagsschulen können zum Gelingen von Integration sehr viel beitragen.“ Zusammen mit einem Team will sie Vorschläge erarbeiten für den Staatsvertrag, den die SPD nach Hamburger Vorbild mit den muslimischen Verbänden abschließen will. Zuerst aber sieht sich die SPD-Politikerin als Ombudsfrau, als Ansprechpartnerin für alle Menschen und für alle Anliegen der Integration. „Ich werde mich kümmern. Und ich werde mich zu Wort melden. Egal, ob es um Rassismus im Alltag geht oder auch um so schreckliche Verbrechen wie die NSU-Morde.“

Doris Schröder-Köpf wird schon jetzt im Wahlkampf das Thema Integration koordinieren, zusammen mit einem Team: Immacolata Glosemeyer aus Wolfsburg, Christos Pantazis aus Braunschweig, Adem Ortac aus Cloppenburg und Alptekin Kirci aus Hannover. Schröder-Köpf: „Mit ihnen zusammen will ich die verschiedenen Facetten der Integrationspolitik angehen. Denn es gibt große regionale Unterschiede in Niedersachsen. In der Region Cloppenburg/Vechta sind die aktuellen Nöte und Sorgen von Osteuropäern ganz andere als die Probleme von türkischen Zuwandererfamilien der dritten und vierten Generation in Großstädten. Unterm Strich will ich eine neue Willkommenskultur in Niedersachsen.“