CDU und FDP bleiben hart. Pädagogik und Elternwillen bleiben bei der Bildungspolitik der Nds. Landesregierung weiterhin außen vor.
Am 20.06.2008 entschied der Kultusausschuss des Nds. Landtages in seiner zweiten Lesung: Eine neue Gesamtschule kann nur errichtet werden, wenn langfristig eine Fünfzügigkeit gesichert ist und wenn das Gegliederte Schulsystem in der Gemeinde nicht gefährdet ist. Es gibt kein einziges pädagogisches Argument für Fünfzügigkeit - die beim Deutschen Schulpreis ausgezeichneten Gesamtschulen in Braunschweig und in der List sind vierzügig. Über 50 % der Hauptschulen sind inzwischen einzügig und bekommen ohne Probleme die Ausnahmegenehmigung für die Unterschreitung der pädagogischen sinnvollen Mindestgrößen von zwei Zügen. Fällt eine der neuen Gesamtschulen unter die Fünfzigkeit, dann droht die Schulbehörde mit Auflösung.

Der Kampf der CDU gegen Gesamtschulen geht weiter

Hohe Hürden für mehr Gesamtschulplätze

Auf geballte Kritik von Schülern, Eltern, Lehrern und Gemeinden trifft der Entwurf der Landesregierung für ein neues Schulgesetz, mit dem es nun eigentlich wieder möglich sein sollte, neue Gesamtschulen in Niedersachsen zu gründen. Im Stadtbezirk Herrenhausen-Stöcken haben die Schulvorstände der Anne-Frank-Schule (HS) und Emil-Berliner-Schule (RS) entschieden, dass sie eine Weiterentwicklung zu einer Integrierten Gesamtschule angehen werden. Das Ergebnis der Auseinanderung im Landtag um eine Novellierung des Niedersächsischen Schulgesetzes wird entscheidend dazu beitragen, ob dieser Schritt möglich ist und welche Stolpersteine auf diesem Weg zu überwinden sind. Vor fünf Jahren hatte die neue CDU / FDP - Landesregierung das Schulgesetz so verändert, dass auch beim Wunsch aller Beteiligten, von Eltern, Schülern, Lehrern bestehender Schulen und Gemeinden als Schulträger keine neue Gesamtschule gegründet werden konnte. Bei den bestehenden Gesamtschulen wurden Lehrerstunden gestrichen - trotzdem bekam jedes Jahr mindestens eine niedersächsische Gesamtschule als Anerkennung für die Leistungen und das Schulklima den "Deutschen Schulpreis".

Im Jahr vor der Landtagswahl wurde der Druck aus vielen Gemeinden, in denen Eltern, Schulen, selbst CDU-Bürgermeister Gesamtschulen einrichten wollten, so groß, dass der Ministerpräsident Wulf verkündete, er wolle das Neugründungsverbot lockern. In Schaumburg hätten zum nächsten Schuljahr drei neue Gesamtschulen starten können - alles da, Schüler, Gebäude, Lehrer - wenn nicht bewußt auf Verzögerung gesetzt worden wäre.

Der Entwurf der Landesregierung für eine Änderung des Schulgesetztes, der nun in die Anhörung des Kultusausschusses, kann nur als "Gesamtschulverhinderungs- und -bekämpfungsgesetz" angesehen werden. Hohe Hürden sollen neue Gesamtschulen verhindern, bestehende Gesamtschulen werden durch Verschlechterung der Bedingungen bekämpft.

Neue Gesamtschulen sollen mindestens fünfzügig sein. Damit ist die Umwandlung von Haupt-und Realschulen in Gesamtschulen in vielen Schulgebäuden nicht mehr möglich - oder die Gemeinde muss ausbauen.

Nachgewiesen werden muss der Bedarf durch eine Umfrage bei Eltern sogar schon im Kindergartenalter und in allen Grundschuljahrgängen. Es wird erwartet, dass Eltern sagen, dass sie fünf Jahre später ihre Kinder in eine Gesamtschule schicken wollen. In jeder Gemeinde muss jede Schule des gegliederten Schulsystems vorhanden bleiben. Bislang war es durchaus möglich, dass benachbarte Gemeinden ein schulisches Gesamtangebot vorhielten.

In einer gemeinsamen Erklärung machen Stadtelternrat Hannover und Regionselternrat zu Recht darauf aufmerksam, das je mehr Eltern sich dann für die Gesamtschule entscheiden, desto geringer die Möglichkeit des Schulträgers ist, eine Gesamtschule einzurichten.

Gegen die bestehenden Gesamtschulen - und das heißt ja gegen die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen - haben sich CDU und FDP ein besonderen Schachzug ausgedacht: Ab 2011 müssen alle Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden, die sich anmelden, bis die bestehenden Gesamtschulen achtzügig sind. Für die Gemeinde ist nun völlig unplanbar, wie sich die Schulen entwickeln. Für die IGS List würde dies angesichts der Jahr für Jahr großen Nachfrage bedeuten, dass sie eine Außenstelle gründen muss. Bislang gibt es an Gesamtschulen ein differenziertes Losverfahren, um eine ausgewogene Mischung an Schülern mit den verschiedenen Schulempfehlungen zu erhalten. "Die große Zahl von hochwertigen Abschlüssen im Gegensatz zu den Schulempfehlungen bei Schuleintritt belegt die Wirksamkeit dieses Verfahrens", betonen Stadt- und Regionselternrat. Die Forderung von Schülern, Eltern, Lehrern und Gemeinden - auch mit CDU-Bürgermeistern - ist - so der Stadtelternrat Hannover - "die umgehende, bedingungslose Streichung des Neugründungsverbots für Gesamtschulen aus dem Niedersächsischen Schulgesetz und die Anerkennung der Gesamtschule als gleichwertige Schulform."