In der Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags am 10. Dezember stellte die Landtagsabgeordnete Sigrid Leuschner die Position der SPD Landtagsfraktion zum Thema Datenschutz anlässlich der zweiten Beratung über einem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dar.

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Rede der Landtagsabgeordneten Sigrid Leuschner,
24. Plenarsitzung am 10. Dezember 2008 zu TOP 17:
Datenskandal: Keine „gläsernen Menschen“ – ein wirksamer Datenschutz ist Bürgerrecht
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drs. 16/437,
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration, Drs. 16/714

- es gilt das gesprochene Wort -

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Sigrid Leuschner während ihrer Rede, dahinter Vizepräsident Dieter Möhrmann (SPD) und Schriftführerin Dr. Silke Lesemann (SPD)

Anrede,

während des Oktober-Plenums haben wir im Rahmen der Aktuellen Stunde - zu meiner Verwunderung auf Antrag der FDP-Fraktion - über dieses Thema geredet. Zu meiner Verwunderung deshalb, weil die FDP hier in Niedersachsen nichts, aber auch gar nichts zu diesem Thema eingebracht hat.

Meine Damen und Herren, wir müssen, was den Datenschutz betrifft, in Niedersachsen handeln und wir müssen hier in Niedersachsen die Initiative ergreifen.

Alle im Landtag vertretenen Fraktionen hätten schon vor einigen Wochen dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Datenschutz zustimmen können. Aber, die FDP-Fraktion hatte zum Ausdruck gebracht, dass Sie noch einige Ergänzungen haben würde und noch einmal beraten müsse. Ich habe Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, schon im Oktober zur Aktuellen Stunde gesagt, dass Sie in Wirklichkeit nur die Abstimmung verzögern wollen.

Dennoch haben wir im zuständigen Fachausschuss auf die Vorschläge der Koalitionsfraktionen gewartet, in der Hoffnung bei diesem wichtigen Thema eine gemeinsame Position aller im Landtag vertretenen Fraktionen zu finden.

Das Anliegen der SPD-Landtagsfraktion war es, eine gemeinsame Plattform zu entwickeln, die dann auch ihren Niederschlag in den Haushaltsberatungen gefunden hätte.

Dieses hat aber leider Herr Biallas für die CDU Fraktion mit dem Argument, dass haushaltswirksame Antrage nun einmal in so einem Antrag nichts zu suchen haben würden, abgelehnt.

Die SPD-Landtagsfraktion will den Bereich des Datenschutzbeauftragten personell und finanziell aufstocken und Institutionen fördern, die sich für Datenschutz- und Verbraucherrechte einsetzen. Und davon ist sowohl in ihrem Änderungsantrag, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP wie auch bereits zuvor in den Haushaltsberatungen nichts zu sehen.

Meine Damen und Herren, wir sind in vielen Punkten, was den Datenschutz und die Datensicherheit betrifft, einer Meinung.

Es reicht jedoch nicht aus, wenn wir wie nun in der Beschlussempfehlung der CDU/FDP den durch den Bundesminister des Inneren einberufenen Datenschutzgipfel loben, ohne dass in Niedersachsen dann Handlungen folgen.

In Ihrer Fassung des Antrages sind lediglich Bitten und in einigen Fällen Prüfaufträge an die Landesregierung aufgeführt, ohne dass die Kompetenzen des Datenschutzbeauftragten gestärkt und die personelle Ausstattung verbessert werden soll. Und gerade dieses ist im Ursprungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthalten.

Es sind konkrete Forderungen an die Landesregierung formuliert, z. B. den Landesdatenschutzbeauftragten personell zu verstärken, um die Kontrolldichte für einen effektiven Datenschutz zu gewährleisten.

Die SPD-Landtagsfraktion will auch eine breit angelegte Informationskampagne starten, um Bürgerinnen und Bürger stärker vor Datenmissbrach zu schützen.

Über die Gefahren einer sorglosen Preisgabe von persönlichen Daten muss stärker aufgeklärt werden. Da sind vor allem Bildungs- und Erziehungsinstitutionen, die Kommunen und die Privatwirtschaft gefordert. Vor allem wollen wir die Institutionen fördern, die sich für eine Stärkung der Verbraucher einsetzen wie die Verbraucherzentrale Niedersachsen und nicht wie Sie, Herr Briese es immer gerne formulieren, eine Stärkung der Verbraucherschutzzentrale. Die gibt es nämlich nicht. Aber in der Sache sind wir uns einig.

Deshalb hatte ja auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen jemanden beauftragt, der das Ausmaß des Handels von Daten ausloten sollte.

Der Unterhändler war im Internet auf das Angebot eines illegalen Datenhandels eingegangen. So konnten innerhalb von Stunden 6 Millionen Daten mit 4 Millionen Kontendaten für 850 Euro erworben werden. Und die Berichte in den Medien der letzten Tage zeigen, dass es noch viel schlimmer ist. Mittlerweile ist die Rede davon, dass die Kontodaten von 21 Millionen Bürgerinnen und Bürger gehandelt werden. Besonders erschreckend ist wie einfach es in der Bundesrepublik ist, an illegale Daten heranzukommen.

Deshalb sind wir als Parlament gefordert, konkrete Handlungsanweisungen an die Landesregierung zu geben und nicht nur zu bitten.

Der illegale Datenhandel und die illegale Datennutzung haben eine Dimension ereicht, die sich vor einiger Zeit noch kaum jemand vorstellen konnte. Das Datenschutzbewusstsein ist in unserer Gesellschaft immer noch unterentwickelt.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen besser über Missbrauch von persönlichen Daten aufgeklärt und auf ihre rechtlichen Möglichkeiten hingewiesen werden.

Obwohl der Verkauf von Kontodaten ebenso wie die unaufgeforderte Telefonwerbung illegal ist, wird wenig dagegen vorgegangen. Die geltenden Vorschriften sind bisher so milde formuliert, dass sie bisher kaum eine Wirkung gezeigt haben. Zudem sind die Kontrollbehörden stark unterbesetzt, sodass die Täter ein geringes Entdeckungsrisiko haben.

Deshalb müssen auch unserer Meinung nach die Datenschutzgesetze von Bund und Ländern im Sinne eines effektiven Datenschutzes geändert werden.

Vor allen Dingen der Datenhandel muss deutlich restriktiver ausgestaltet werden. Nur bei einer qualifizierten schriftlichen Zustimmung der Berechtigten zur Datenweitergabe soll zukünftig der Datenhandel erlaubt sein.

Die SPD-Fraktion begrüßt den Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei der Bankenwirtschaft in Niedersachsen aktiv darauf hinzuwirken, dass stärkere Eigenkontrollen durchgeführt werden. Es muss ein Alarm- und Frühwarnsystem gegen Datenmissbrauch eingerichtet werden, um die Kunden auf möglichen Missbrauch aufmerksam zu machen. Zum Beispiel müssen Banken die Staatsanwaltschaft informieren, wenn Lastschriften gehäuft und wegen fehlender Einzugsermächtigungen zurückgereicht werden.

Wir unterstützen, dass der Straf- und Bußgeldrahmen im Bereich des Missbrauchs persönlicher Daten erhöht werden soll. Wir wollen, dass durch vorsätzlichen Datenmissbrauch entstandene Gewinne abgeschöpft werden können. Wir wollen, dass schriftliche Einwilligungen derjenigen erforderlich sein sollen, deren Daten gesammelt werden. Diese Einwilligung muss auch in großer Schrift geduckt und damit gut erkennbar für ältere und sehbehinderte Menschen sein.

Wir wollen entschieden gegen das Scoring vorgehen, damit künftig nicht mehr Profilbildungen aufgrund von gesammelten Daten vorgenommen werden können.

Meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und lehnt die Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen ab.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.