Als völlig unzureichend bezeichnete die stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Sigrid Leuschner, das am Dienstag vom niedersächsischen Innenminister in Hannover vorgestellte Antiradikalisierungsprojekt. „Für Minister Schünemann stehen immer noch die sicherheitsbehördlichen Aspekte im Vordergrund. Zwar sagt er, dass 99 Prozent der hier lebenden Muslime friedlich seien. Aber er berücksichtigt nicht die Zunahme von Vorurteilen gegenüber Muslimen“,

sagte Leuschner am Dienstag in Hannover.

Erst im Oktober habe die jüngste Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) „Die Mitte in der Krise“ bestätigt, dass eine steigende Zustimmung zu Aussagen mit chauvinistischen, ausländerfeindlichen und sozialdarwinistischen Inhalten zu verzeichnen sei. „Neu ist jedoch in dieser Studie, dass Ressentiments gegenüber Muslimen in unserer Gesellschaft zugenommen haben. 58,4 Prozent der Befragten haben der Aussage ,Für Muslime in Deutschland sollte die Religionsausübung erheblich eingeschränkt werden‘, zugestimmt“, zitierte die SPD-Innenpolitikerin aus der FES-Studie.

„Die Zusammenhänge zwischen Rechtsextremismus und Islamophobie sind vom Innenminister nur als ein Randproblem dargestellt worden. Die von ihm vorgeschlagenen Präventionspartnerschaften im öffentlichen Bereich und mit der Wirtschaft sowie Dialoge mit Muslimen greifen einfach zu kurz. Präventionsmaßnahmen müssen verstärkt und ausgebaut werden und bedürfen langfristiger finanzieller Sicherheit“, so Leuschner.

„Der Innenminister setzt mit seinem neuen Projekt wieder nicht bei den gesellschaftlichen Ursachen für das Entstehen von Islamismus an“, kritisierte die SPD-Expertin. „Er hat wieder kein interdisziplinäres Konzept vorgelegt. Wir brauchen Präventionsmaßnahmen, die zu einer nachhaltigen und stetigen Verbesserung der bildungs- und sozialpolitischen Bedingungen auch für Menschen mit Migrationshintergrund führen.“

Einerseits stelle der Minister schon wieder ein neues Programm vor, andererseits werde im Landeshaushalt in vielen gesellschaftlichen Bereichen, die präventive Ansätze verfolgten, gekürzt. So erhielten langjährige etablierte Projekte wie z. B. „Die Weiße Runde“ keine Förderung mehr. Leuschner: „Schünemann verfolgt wieder einmal einen rein populistischen Ansatz. Mit seinen undifferenzierten Aussagen belegt er erneut Muslime mit einem pauschalen Terrorismusverdacht.“