In der Plenarsitzung am Mittwoch, 16. März 2011 hat die SPD-Landtagsfraktion die von der Landesregierung beschlossene Privatisierung der vom Landesamt für Statistik und Kommunikation (LSKN) wahrgenommenen IT-Arbeitsplatzbetreuung abgelehnt.

„Die bei uns bestehenden erheblichen Zweifel, ob die Entscheidung des Kabinetts wirtschaftlich, finanziell und qualitativ die gewünschten Effekte erbringen werden, sind nicht ausgeräumt worden“, sagte Sigrid Leuschner, stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Zwar lehne man die Privatisierung von Aufgaben, die bisher von der öffentlichen Hand erledigt würden, nicht grundsätzlich ab. Jedoch dürfe nicht privatisiert werden, wenn der öffentliche Dienst gleiche oder qualitativ bessere Leistungen erbringe.


„Die von Landesregierung vorgelegte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist nicht transparent, nicht nachvollziehbar und somit höchst zweifelhaft. Nachfragen zur angestrebten Verbesserung der Servicequalität, den Gefahren einer Abhängigkeit von Externen, den Schwierigkeiten einer Rückholung sowie nach Erfahrungen in anderen Flächenländern sind nicht klar und nachvollziehbar beantwortet worden“, kritisierte Leuschner.

Die SPD-Fraktion habe vor Ort mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LSKN über die möglichen Auswirkungen der beabsichtigten Privatisierung der IT-Arbeitsplatzbetreuung gesprochen. Leuschner: „Wir teilen die Befürchtungen der Beschäftigten des LSKN, dass ein erheblicher Verlust an Vollzeitstellen droht und dabei gleichzeitig der bisherige hohe Standard beim Beratungsaufwand und Service der IT-Arbeitsplatzbetreuung verloren geht.“

Mit ihrer Entscheidung unterstützt die SPD-Landtagsfraktion einen Antrag der Fraktion Die Linke, in dem die Landesregierung aufgefordert werden soll, das Ausschreibungsverfahren für die Fremdvergabe der IT-Arbeitsplatzbetreuung beim LSKN und die weitere Umsetzung dieses Projekts zunächst zu stoppen sowie die damit verbundenen zahlreichen offenen Fragen endlich zu beantworten.

„Besonders unverständlich ist für mich, dass neben den Fraktionen von CDU und FDP auch die Grünen-Fraktion für die Ablehnung des Antrags ist. Sie unterstützt damit den Privatisierungskurs der Landesregierung und stellt sich gegen die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LSKN“, sagte Leuschner.

Das Redemanuskript von Sigrid Leuschner können Sie nachstehend lesen:

Rede der Landtagsabgeordneten Sigrid Leuschner (SPD):
101. Plenarsitzung am 16. März 2011 zu TOP 20:
„Privatisierung der vom LSKN wahrgenommenen IT-Arbeitsplatzbetreuung unverzüglich stoppen!
Antrag der Fraktion Die LINKE – Drs. 16/3302
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport, Drs. 16/3379
Einzige und abschließende Beratung

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

im Dezember letzten Jahres hatten die Kolleginnen und Kollegen der Betriebsgruppe der Gewerkschaft ver.di im Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen mit einem offenen Brief an die Mitglieder der Niedersächsischen Landesregierung appelliert und darin die Gefahren bei der Privatisierung der vom LSKN wahrgenommenen IT-Arbeitsplatzbetreuung aufgezeigt.

Die SPD-Landtagsfraktion hat die Sorgen der Kolleginnen und Kollegen zum Anlass genommen, sich zeitnah auf der Sitzung des Innenausschusses am 13. Januar 2011 von der Landesregierung über den Stand der am 14.12.2010 im Kabinett beschlossenen Privatisierung der vom LSKN wahrgenommenen Aufgaben unterrichten zu lassen.
Anrede, diese Unterrichtung hat im nicht-öffentlichen Teil stattgefunden.

In Absprache mit unserem innenpolitischen Sprecher Klaus-Peter Bachmann und dem Wahlkreisabgeordneten Wolfgang Jüttner habe ich dann im Auftrag meiner Fraktion am 24.01.11 an einer Vorstandssitzung des Personalrats beim LSKN teilgenommen.

Wir haben uns dort wechselseitig über aktuelle Entwicklungen informiert und über die Befürchtungen bezüglich der möglichen Auswirkungen der Privatisierung diskutiert.

Die Kolleginnen und Kollegen des Personalrats haben in dem Gespräch auch ihre Skepsis hinsichtlich Auswirkungen des Beschlusses der Landesregierung die bisher vom Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) wahrgenommene Aufgabe der IT-Arbeitsplatzbetreuung jetzt an Externe auszuschreiben und somit zu privatisieren zum Ausdruck gebracht

Aus Ihrer Sicht bestehen bei der Festlegung der Wirtschaftlichkeitsgrenze der Ausschreibung erhebliche Zweifel daran, ob die Annahmen und Zahlen, auf deren Grundlage die Entscheidung getroffen wurde, den Tatsachen entsprechen.

Aus Sicht der Kolleginnen und Kollegen bildet der personelle Bedarf nicht die Höhe des Beratungsaufwands wieder, zumal zu befürchten ist, dass der private Anbieter nur die Standardleistung erfüllen könne, während vom LSKN in der Vergangenheit ein umfassender Service angeboten wurde.

Bei Beibehaltung dieses Standards würden für die gleichen Leistungen erhebliche Mehrkosten für das Land Niedersachsen entstehen.

Anrede, die SPD-Landtagsfraktion lehnt die Privatisierung von Aufgaben, die bisher von der öffentlichen Hand erledigt wurden, nicht grundsätzlich ab.

Wir haben uns jedoch immer dafür ausgesprochen, wenn der öffentliche Dienst gleiche oder qualitativ bessere Leistungen erbringt, nicht zu privatisieren.

Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen und ihrer Gewerkschaft beim LSKN und wir unterstützen natürlich auch ihre Forderung, dass nach wie vor zahlreichen offenen Fragen im Vorfeld zu beantworten sind.

Dies gilt insbesondere die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und die damit verbundene Vollkostenrechnung. Sie müssen offen dargelegt werden und nachvollziehbar sein.

Aus unserer Sicht ist die von der Landesregierung vorgenommene Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht transparent, nicht nachvollziehbar und somit höchst zweifelhaft.

Dies habe ich auch bei der Unterrichtung im Innenausschusssitzung zum Ausdruck gebracht.

Gleichzeitig hatte ich auch hinterfragt, ob die angestrebte Verbesserung der Servicequalität eher bei einer Privatisierung oder eher in öffentlicher Hand möglich ist, noch ungeklärt ist.

Ich hatte nach den Erfahrungen in anderen Flächenländern gefragt, da aus unserer Sicht die Folgen einer Privatisierung weitreichend sind.

Im Rahmen der Unterrichtung in der Ausschusssitzung konnten wir feststellen, dass die Erfahrungen in anderen Flächenländern nicht mit Niedersachsen vergleichbar sind. Auch ist für uns die weitere berufliche Zukunft der Beschäftigten beim LSKN höchst ungewiss. Statistisch sind 104 Vollzeiteinheiten, in der Realität aber erheblich mehr Kolleginnen und Kollegen, von dieser Entscheidung betroffen.
Wir haben auf die Gefahr hingewiesen, dass die Landesverwaltung durch eine Privatisierung von Externen abhängig wird und diese Entscheidung bei zu erwartenden Mehrausgaben nur schwer rückholbar sein wird.

Die SPD-Landtagsfraktion wollte im gleichen Umfang wie die Fraktion Die LINKE, dass alle mit der Ausschreibung in Verbindung stehenden Daten, Zahlen, Fakten und Annahmen offen gelegt werden, da bei uns erhebliche Zweifel bestehen, ob die Entscheidung des Kabinetts vom 14.12.2010 wirtschaftlich, finanziell und qualitativ die gewünschten Effekte erbringen werden.

Weder im Rahmen der Unterrichtung noch bei der öffentlichen Erörterung und Beratung des Antrags der Fraktion Die Linke am 23. Februar haben wir klare und nachvollziehbare Antworten erhalten.

Kolleginnen und Kollegen des LSKN haben ja an der öffentlichen Sitzung teilgenommen und ich hoffe, dass sie meinen Eindruck bestätigen werden.

Anrede, wir stimmen deshalb mit der Fraktion Die Linke überein, dass das Ausschreibungsverfahren und die weitere Umsetzung des Projektes unverzüglich zu stoppen ist.

Eine Reduzierung der Kernaufgaben des öffentlichen Dienstes und ihren Privatisierungswahn, meine Damen und Herren von der FDP, der ausschließlich zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen geht, lehnen wir ab.

Besonders unverständlich ist für mich, dass neben den Fraktionen von CDU und FDP auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die Ablehnung dieses Antrags ist.

Sie unterstützen durch die Abgabe von Serviceleistungen den Privatisierungskurs der Landesregierung und stellen sich gegen die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LSKN.

Dies werden wir nicht hinnehmen!

Die SPD-Landtagsfraktion wird dem Antrag der Fraktion Die Linke zustimmen.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.